Nr77 Hochfinanz

Ban­knote und Klein­geld auf Hochsock­el rund, 5x5x30 cm (LxBxH), © mara 2016
_______________________________

Inspiration

“Gebt mir die Kon­trolle über die Währung ein­er Nation,
dann ist es für mich gle­ichgültig, wer die Geset­ze macht”

- May­er Amschel Rothschild,
Grün­der der Roth­schild-Banken-Dynas­tie (→)

Werk

<Nr77 Hoch­fi­nanz> ist ein wei­teres Schau­stück lin­gu­is­tisch eigen­wil­liger Inter­pre­ta­tion des Hochdeutschen, eine Tra­vestie über hohe Finanzen bzw. Finanzhöhen, marx­is­tis­che u/o. nation­al­sozial­is­tis­che Pro­pa­gan­da und ein seit der Finanzkrise ab 2007 mul­ti­me­di­ales Schlag­wort im Hin­blick auf Wall Street — und Wachs­dum­swahn. Kunst­sprech: GORDONGEKKO-ART

Zum Werkkom­men­tar

Klassifikation

<Nr77 Hoch­fi­nanz> ist ein Werk aus dem Wer­kraum Deutung

Bekanntgabe

April 2016 → Hoch­fi­nanz, Pro­log zum Werk Nr77
____________________________

Schneller als man denkt

Kommentar zum Werk Nr77

von Wal­ter Studer

(stu) Noch gebeutelt vom Jan­u­ar­loch und noch in der med­i­ta­tiv­en Früh­jahrsmüdigkeit ein­gelullt liefert Mara uns ein prä­cox­i­ales Som­mer­lochs-Werk. Etwas dif­fus aber wie gewohnt vir­tu­os und hin­ter- bis tief­gründig lüm­melt sich Mara über schw­er­wiegende Begrif­flichkeit seines Vorspanns hin­weg und führt uns mit dem Kode ein Werk vor Augen, das er real­sym­bol­isch und bild­sprach­lich als HOCHFINANZ beze­ich­net, wie wohl die Höhe der Sock­el­säule im Strassen­verkehr noch als nieder­flurig gel­ten dürfte. Als hätte er im Zuge eines spätest­pu­pertieren­den geisti­gen Reflux sein let­ztes Geld auf den Kopf gehauen, liegen da lose und wie zufäl­lig ger­ade mal 30 Franken ungrad zum Ensem­ble drapiert. Diese im Anbe­tra­cht des Titels schäbige Summe auf dem Kopf eines weniger Hoch- als vielmehr Zwergfor­mat versinnbildlichen­den Zylin­ders kann aber vieles bewirken. Ein­er­seits kön­nte unsere­in­er dafür ein zün­ftiges Rind­sen­tre­cote mit Broc­coli und Pommes Duchesse und anschliessen­dem haus­gemacht­en Mace­do­nia und Espres­so mit Guet­zli im FREIÄMTERHOF serviert bekom­men (ein unbe­d­ingt besuchenswertes, weil währschaft und gün­stiges Lokal ohne jeden In-Dünkel).
Ander­er­seits, wenn wir eine Bank sind bzw. der Hoch­fi­nanz ange­hören, kann dieses lächer­lich scheinende Kapitälchen als Deck­ung für Hypotheken benutzt auf Anhieb ver­tausend­facht wer­den, indem näm­lich mehr oder min­der tausende Hypotheken damit ver­liehen wer­den kön­nen, um all­sogle­ich dieses irreale Kap­i­tal zum Fond zu deklar­i­eren, und unmit­tel­bar das Einge­brachte ins Port­fo­lio gesteckt und wiederum als Deck­ung für diverse Kred­ite zu ver­tausend­fachen. Weit­er wer­den dann Kun­den als Inve­storen ins Boot geholt, was wiederum das Kap­i­tal expo­nen­tiell erhöht — wenn auch seit­ens der Bank nur fik­tiv exis­tent — und dieses dann als Par­tikel eines ausser­halb der Bank erk­lärten Hedge­fond mit Sitz im Nie­mand­s­land des Off­shore im Vere­in mit weit­eren eben­so zus­tande gekomme­nen Sum­men wie gewohnt und geset­zlich erlaubt zur min­i­mal­sten Grun­deck­ung in schwindel­er­re­gende Höhen jen­seits der Zahlungsmöglichkeit­en so manch ein­er Volk­swirtschaft für alle möglichen so genan­nt legalen Geschäfte — Nahrung­mit­tel­wet­ten, Kred­ite an ser­bel­nde Staat­en und vieles mehr — einzusetzen.

Zu diesem fast sofort zu erre­ichen­den Zeit­punkt, sind aus unseren gut dreis­sig Franken längst Mil­liar­den gewor­den und die Struk­tur der Beziehung zwis­chen der Bank und dem Hedge Fond ist mit­tler­weile der­art, dass die Bank gegen ihre eige­nen Kun­den und selb­st gegen die Währung eines Staates spekulieren kann — und dies auch tut — und selb­st dann wenn eine der vie­len tausenden möglichen Speku­la­tion ein­mal schief geht, wird der betr­e­f­fende City Boy — so heis­sen die abge­brüht­en hedo­nis­tis­chen Finanzspeku­lanten an der Börse — bestraft, die Bank mit ihrem Top­man­age­ment jedoch wird ganz im Sinne des Lib­er­al­is­mus vom Staat gerettet und die Las­ten — dies­mal sind es dann ganz reale Sum­men — müssen vom vielgeschmäht­en Staat, also von uns real Steuer zahlen­den Bürg­erin­nen und Bürg­er getra­gen werden.

Der Kunst­werk­er und ich als lyrische Hausapotheke und Kom­men­ta­tor meinen nun, dass der Beginn der notwendi­gen Verän­derung zum Besseren nicht die Wut sei, son­dern die Ein­sicht und die Freude am Sein per se — einem Sein, das nota bene nicht vorzüglich vom materiell gewichteten Haben definiert ist. Wirk­liche Sein­squal­ität basiert — so lehrte meine Gross­mut­ter und lehrt jegliche Weisheit­slehre — nicht zulet­zt auf der Gelassen­heit. Denn diese ist es, die ver­hin­dert, immer SCHNELLER zu SEIN ALS MAN DENKT. Eine Ein­sicht, die uns nicht nur vom zu schnellen Aut­o­fahren abhält, son­dern die vor allem Vorurteile hin­wegschmelzen lässt, als wären sie Schnee in der Früh­lingssonne. Diese Ein­sicht die uns neb­st Humor auch das Ver­ständ­nis für Werte und richtiges Tun schärft, die uns klar macht, dass die Legal­ität von Hedge­fonds, von Off­shor-Geschäftigkeit­en und Steuerver­mei­dung eigentlich ille­gal ist, die erken­nen lässt, dass die soge­nan­nte Geld­poli­tik der Europäis­chen Zen­tral­bank, deren Geld­druck­maschi­nen heiss­laufen, ein dop­pel­ter Raubzug auf die Kon­ten der Klein- und Kle­in­stkap­i­tal­is­ten ist, der zudem absur­der­weise und tat­säch­lich gesellschaftss­chädi­gende Neg­a­tivzin­sen mit sich bringt. Die Ein­sicht auch, mit der die derzeit­ige Spar­poli­tik der EU als ein fettes Geschenk an die Hoch­fi­nanz zu erken­nen ist, das den vor allem betrof­fe­nen Süden Europas noch weit­er in die ökonomisch-ökol­o­gisch-men­schliche Katas­tro­phe führt. Exem­plar­isch sind in Griechen­land die vom deutschen Volk garantierten also vom Steuer­volk aufge­bracht­en Gelder in die Banken geflossen und der dem Land aufdik­tierte rig­orose Sparkurs hat das die Armut — und zwar richtige Armut — um ein sta­tis­tisch fest­ge­haltenes Vier­fach­es gesteigert, ohne allerd­ings der sich höchst anstren­gen­den lokalen Wirtschaft und dem Gewerbe den prophezeit­en Auf­schwung zu bescheren — ganz im Gegen­teil, und NEIN DIE GRIECHEN SIND NICHT ARBEITSSCHEU UND UNFÄHIG! Genau­sowenig wie die Por­tugiesen, Spanier, Ital­iener, Fran­zosen, Englän­der, Ir- und Schot­tlän­der und so weit­er und so fort dies sind, und JA AUCH DEUTSCHLAND IST NOCH IMMER VERSCHULDET und wird dies sin­niger­weise auch bleiben, denn man kann nicht Exportüber­schüsse hort­en und gle­ichzeit­ig die Löhne zu Gun­sten der Arbeit­ge­ber kün­stlich niedrig und noch niedriger hal­ten — zumal die staatliche vom Lohn abhängige Rente längst in die Inef­fizienz abzu­gleit­en droht.

Klar, der Wirtschafts- und Finan­zlib­er­al­is­mus ist längst gescheit­ert — keines sein­er vie­len Ver­sprechen hat sich erfüllt. Genau so wie der dirigis­tisch ver­standene Kom­mu­nis­mus oder Sozial­is­mus die ihri­gen zu hal­ten ver­mocht­en. Trotz­dem: Wir machen halt mehrheitlich alle weit­er. Wir glauben SCHNELLER ALS MAN DENKT sein zu müssen. Welch ein Irrtum! Hoch­fi­nanz und Wirtschaft sollen unsere Diener, nicht wir deren Sklaven sein! Damit dies real­isiert wer­den kann, braucht es den Bewusst­sein­swan­del in Rich­tung ein­er men­schlich und ökol­o­gisch gewichteten Mark­twirtschaft von der alle prof­i­tieren und die eine starke Demokratie aufrechter­hal­ten und aushal­ten kann. Wie hiess das doch in den 70ern des let­zten Jahrhun­derts in Deutsch­land gle­ich?: SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT.

Alles in Allem denke ich, dass der Kunst­werk­er und ich die 30 Stutz ganz ein­fach im oben genan­nten FREIÄMTERHOF investieren wer­den — tun Sie dies doch ein­fach auch und kom­men Sie ein­fach mal mit!?

April 2016, W. Stud­er

_______________________
zurück zum Werk