Gefrorene Tränen versus Verblödung

Aus der Serie «Sprachperlen»

Nr57 Surrogat 1

Nr57 Sur­ro­gat 1

(stu) Eine stram­mge­sunde Topf­pflanze entwick­elt bei näherem Hin- und Run­dum­se­hen den Charme ein­er etwas skur­rilen Son­ntags­bastelei, indem näm­lich an der Basis des Topfes drei han­del­sübliche Bat­te­rien für Taschen­lampe oder so gebün­delt ange­fügt und durch zwei ver­schieden­far­bige elek­trisch lei­t­ende Kupfer­drähte, deren Enden pro­fes­sionell gehäutet diskret ins Erdre­ich gesteckt, zu einem Ganzen ver­bun­den sind. Man kann bei diesem Werk ein harm­los­es Avers von einem bedeu­tend weniger harm­losen und bei zunehmender Betra­ch­tung zunehmend bestürzen­deres Revers unter­schei­den. Das Avers zeigt uns die bürg­ersin­nige Grünpflanze mit ihrer Daten­ban­de­role. Das Revers die Energie zu- oder abführende elek­trische Mas­chine, die als­bald als Bombe erkan­nt, dem Magen ver­hal­tene Panikkrämpfe beschert […]

 

Vom Spiessbürger zum gespiessten Bürger

Prolog zum Werk Nr107

«Wir waren jene, die wussten, aber nicht ver­standen, voller Infor­ma­tio­nen, aber ohne Erken­nt­nis, rand­voll mit Wis­sen, aber mager an Erfahrung. So gin­gen wir, von uns selb­st nicht aufge­hal­ten» — Roger Willemsen

Man ist von Spießern nicht nur umgeben, man sieht lei­der auch täglich beim Blick in den Spiegel einen. Nie­mand mag das zugeben, meint doch der Spot­tbe­griff «Spiess­bürg­er» heutzu­tage einen Men­schen, der sich dem Fortschritt ver­schliesst und geistig rück­ständig ist. Das war nicht immer so!  Ein Spiess­bürg­er zu sein war ursprünglich aller Ehren wert und beze­ich­nete einen tapfer­en Bürg­er, der sich mit seinem Spiess zu wehren wusste. Das war im Mittelalter…

Wie wir mod­er­nen Spiess­bürg­er zu gespiessten Bürg­ern wur­den, wofür sich das Coro­na-Virus als Schwarz­er Peter ger­adezu anbi­etet, und warum wir für die Spiess­bürg­er von damals eine Lanze wer­den brechen müssen — all dies war hier der inspiri­erende Stoff für des Kunst­werk­ers heit­er vergebenes Tun. Und so freue ich mich sehr, Ihnen das WERK NR107 SPIESSBÜRGER mit wei­te­ren Bil­dern, Werk­da­ten und einem Kom­men­tar von W. Stu­der vorstellen zu können.

Mara/Feb 2020

 

Wer geht mit wem?

Aus der Serie «Sprachperlen»

Nr54 Smartphone

Nr54 Smart­phone

(stu) Von zwei Schüssen getrof­fen kon­nte sich der Fremde im unwegsamen Gelände des Gebirges vor seinen Ver­fol­gern nur sehr knapp hin­ter einem der tausend Felsen ver­steck­en — nur um nach weni­gen Tagen des Ver­har­rens an seinen Wun­den zu ster­ben. Als er, der wahrschein­lich ein Agent aus dem Süden war, endlich gefun­den wurde, war seine Leiche ein trau­riger Anblick und die zuständi­gen Behör­den und ihr Wis­senschafts­di­enst sichteten die Reste sein­er Klei­dung und die weni­gen Uten­silien, die er in ein­er Art Män­ner­tasche mit sich führte. Nein, ein Smart­phone war nicht dabei, aber der vor rund 7000 Jahren im Bren­nerge­bi­et kläglich Verblich­ene, als Ötzi bekan­nte, hat­te eine Schnur mit etlichen in unregelmäs­si­gen Abstän­den eingear­beit­eten Knoten bei sich — ein Itin­er­ar also, dem die wesentlichen Wegstreck­en der unter­nomme­nen Reise abzuleit­en und mit dem Winkel und Gestirne anzu­peilen waren […]

 

Serra und Zeitmaschine: Ein Schlüsselfall

Aus der Serie «Sprachperlen»

Nr53 Freiheit - Sicherheit

Nr53 Frei­heit — Sicherheit

(stu) Dort wo im Sur­sel­va die Rus­sein von Nor­den zu Tale fällt um dann in der Sohle brav in den noch jun­gen Vorder­rhein einzu­fliessen als wär nichts geschehen, wird bisweilen mit Erfolg nach aus­ge­wasch­en­em Gold gesucht. Die Gold­such­er schwenken in geduldigem Rit­u­al ihre Siebe zwis­chen eini­gen Steinen, die stel­len­weise wie zufäl­lig geschichtet erscheinen — ein Phänomen, das ja in dieser wilden Gegend dur­chaus bekan­nt ist. Was sollte im übri­gen, fragt sich vielle­icht der Gold­jäger in ein­er Ver­schnauf­pause den Schweiss von der Stirne wis­chend, eine Mauer quer über den an dieser Stelle in der Regel als Bach, wenn nicht Bäch­lein, ziel­los dahin­plaud­ern­dern Vorder­rhein […]

 

Zeit- und Denkraub

Weichgekocht und entseelt

Schweigen_001„Nicht jede Ver­schwörungs­the­o­rie ist gefährlich, manch­mal ist es gefährlich, keine Ver­schwörungs­the­o­rie zu haben“ — Daniela Dahn

Lassen Sie uns nachdenken

Etwa darüber, dass sich die Welt­­bevöl­kerung seit Beginn des 19. Jahrhun­derts mehr als ver­sieben­facht hat und täglich (sic!) um na­hezu eine Viertel­­million Men­schen weit­er wächst. Darüber, dass diese Bevöl­kerungs­explosion ver­drängt wer­den muss, weil der Zwang zum zins­basierten Wirtschaftswach­s­tum let­ztlich voraus­set­zt, dass immer mehr Kon­sumenten “immer mehr Mehr” kon­sum­ieren. Also wir. Sie und ich. Sie und ich und die Anderen. Möglichst rund um die Uhr. Mit Giral­geld und auf Pump. In immer grösseren Kon­sumtem­peln oder gerne auch gren­zen­los — die vor­läu­fig let­zte Raketen­stufe des uner­sät­tlichen Wach­s­tum­swahns — im World Wide Web. Mit Glanz & Glo­ria und Frac­tion­al Life. Von Werbe-Mil­liar­den, Kup­pel-Shows, Frauen­tausch und Hartz-IV-Tele­vi­sion weichgekocht und entseelt. Auf der ver­meintlichen Sieger­seite der Schweige­s­pi­rale klein­mütig aber poli­tisch kor­rekt mit den Wölfen heulend und klick­end. Lassen Sie uns nach­denken darüber, dass unser zins- und zins­eszins­basiertes Finanz- und Wirtschaftssys­tem uns näch­stens wieder an die Wand fahren wird und lassen Sie uns schliesslich erken­nen, dass uns die zunehmende Boule­var­disierung von Poli­tik und Gesellschaft nicht nur die Zeit zum Nach­denken raubt, son­dern durch Spal­tung in orts‑, bindungs- und ori­en­tierungslose Einzel­masken — der ent­fes­selte Sin­gle als per­fek­ter Kon­sument — let­ztlich auch jegliche Fähigkeit zu Sol­i­dar­ität und Demokratie…

Entwed­er nie­mand ist schuld oder wir sind es alle — Demut und Bil­dung tut Not.
Mara / kun­st & wach

 
Unsere enorm produktive Wirtschaft verlangt, dass wir den Konsum zum Lebensinhalt machen, dass wir den Kauf und Gebrauch von Waren in Rituale verwandeln, dass wir unsere spirituelle Befriedigung, unsere Ich-Befriedigung im Konsum suchen. Wir müssen dafür sorgen, dass immer mehr Dinge konsumiert, verbraucht, aufgetragen, ersetzt und weggeworfen werden. — Victor Lebow
 

Von Äpfeln und Birnen

Prolog zum Werk Nr105

Nr105 Unvergleichlich

Nr105 Unver­gle­ich­lich

In der Zen­tralafrikanis­chen Repub­lik (eines der ärm­sten Län­der weltweit) ster­ben pro 1000 Lebendge­borene 87,6 oder 8,8% im ersten Leben­s­jahr — durch Armut.

In der Schweiz (eines der reich­sten Län­der weltweit) ster­ben pro 1000 Lebendge­borene 114 oder 11,4% vor der Geburt — durch Abtreibung.

Ich freue mich sehr, Ihnen ein neues Werk aus dem WERKRAUM RAHMENHANDLUNG vorstellen zu können.

⇒ Zur Werk­seite von NR105 UNVERGLEICHLICH mit wei­te­ren Bil­dern, Werk­da­ten und einem Kom­men­tar von W. Studer

 
Seit Platon haben wir - ich meine damit Länder, die durch eine antike, christliche und koloniale Vergangenheit verbunden sind - das Machbare vor das Brauchbare gestellt und die Kontrolle des Lebens vor seiner Achtung. Wir haben die Natur, die Tiere und andere Kulturen missachtet, unsere Körper, unsere Gefühle und unsere eigenen Seelen. Und dieses „andere“ meldet sich jetzt. — Ariadne von Schirach
 

Ich bin dann mal weg

Aus der Serie «Sprachperlen»

Nr51 Närrische Öffnung

Nr51 När­rische Öffnung

(stu) Auf dem Geviert des dem Kunst­werk­er Mara eige­nen weis­sen Sock­els wie zufäl­lig leicht schräg und um weniges geschiftet aus­gelegt ein ein­fach­es KREUZ, ein Kruz­i­fix ohne den Gekreuzigten. Und eben­so zufäl­lig einige Blut­stropfen, die sich bei näherem Hin­se­hen als völ­lig undrama­tis­che dafür aber witzig einge­set­zte Prise KONFETTI erweist. Das Kreuz, absolutes Sym­bol der Chris­ten­heit, des Heils­geschehen und des Ver­sprechens eines jeden Tod über­winden­den ewigen Lebens als Fast­nachtss­cherz und Karneval­sreq­ui­sit? Ist Mara ein kunst­werk­end zu Werke gehen­der Gottes­läster­er, der, trotz sein­er sacht iro­nis­chen und grosso modo untadeli­gen Gestal­tung, erken­ntlich das verunglimpft, was vie­len Heilig ist […]

 
Andere Meinungen dienen längst nicht mehr dazu, unsere eigenen zu überprüfen, nur dazu, den Gegner dingfest zu machen. — Eva Menasse