Nr105 Unvergleichlich

Neun schwarze und elf rote Gum­mibärchen; Sock­el, Rück­wand, Kreuz: Buche geölt; 12x5x19 cm (LxBxH); © mara 2019
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Nichts ist bess­er oder schlechter, nur anders
- Sprich­wort

Inspiration / 2017

In der Zen­tralafrikanis­chen Repub­lik (eines der ärm­sten Län­der weltweit) starben
pro 1000 Lebendge­borene 87,6 oder 8,8% im ersten Leben­s­jahr — durch Armut

In der Schweiz (eines der reich­sten Län­der weltweit) starben
pro 1000 Lebendge­borene 114 oder 11,4% vor der Geburt — durch Abtreibung

Quellen 2017: Zen­tralafrik. Repub­lik, Schweiz: SS-Abbr und Geburten

Werk

Glei­cher­mas­sen wie die Schlecht­wet­ter­front, die sich aus Sicht der Meteo­ro­logie auf­grund der Summe aller zeit­li­chen, glo­balen und loka­len (Rah­­men-) Bedin­gun­gen ergibt, las­sen sich gesell­schaft­li­che “Sit­ten und Gebräu­che” (hier die weltweit höch­ste Säuglingssterblichkeit der Zen­tralafrikanis­chen Repub­lik ein­er­seits und die “Abtrei­bungssterblichkeit” der reichen Schweiz ander­seits) letzt­lich als Ele­mente ein­er Rah­men­hand­lung ver­ste­hen, die sich auf­grund der Summe glo­baler, loka­ler und per­sön­li­cher (Rah­­men-) Bedin­gungen der Sozie­tät ergibt. Rein sprach­lich (nicht aber in der Sache) bliebe dem­nach sowohl ein muti­ges DEN RAH­MEN SPREN­GEN als auch ein AUS DEM RAH­MEN FAL­LEN zu hin­ter­fragen. Kunst­sprech: PASSAWAYART

Ent­we­der nie­mand ist schuld, oder wir sind es alle — Demut tut Not.

→ Zum Werk­kom­men­tar von W. Studer

Klassifikation

<Nr105 Unver­gle­ich­lich> ist ein Werk aus dem Wer­kraum Rahmenhandlung

Bekanntgabe

August 2019 → Von Äpfeln und Bir­nen — Pro­log zum Werk Nr105

Zum gleichen Thema

Nr61 Kinder­le­icht und Nr95 Ein bunter Strauss

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Leck mich!

Kom­men­tar zum Werk Nr105 UNVERGLEICHLICH, von Wal­ter Studer

Nr105 Unver­gle­ich­lich

(stu) Der Kunst­werk­er ver­sucht dies­mal, fast sieht es so aus, an Thomas Gottschalk und Bul­ly Her­big vor­bei für eine ganz beson­dere Art von den so knud­delig herzig-süssen Gum­mibärchen Reklame zu machen, die ohne­hin schon längst buch­stäblich in aller Munde und mit­tler­weile als ein echt­es Kul­turgut im Bewusst­sein ein­er Welt ver­ankert sind, die sich noch immer als christlich abendländisch ver­standen haben will.
Leckt man arg­los und nichts Bös­es ahnend mit der Zunge die aus zweier­lei, näm­lich roten auf der einen und schwarzen Bärchen auf der anderen Seite belegte Rampe hoch, kön­nte es allerd­ings geschehen, dass unsere orale Genusser­wartung  jäh zer­platzt, weil unsere Zunge, dieses so sen­si­ble Organ, an der kru­den Struk­tur eines Sym­bols aufger­itzt wird, das für eben jene genan­nte uns ure­igene Kul­tur ste­ht, deren vorzüglich­stes Sig­nal das der Men­schlichkeit ist — oder war — oder sein sollte — oder wie auch immer definiert noch immer als ele­mentar­er Appell der Men­schlichkeit gilt. Auch wenn von links oder rechts, von oben oder unten von Chris­ten und solchen die glauben Chris­ten zu sein und solchen die uns den RICHTIGEN Hei­land ins Gehirn scheis­sen wollen, dieses Zeichen in Anspruch genom­men, gebraucht, ver­braucht, schöngeschwätzt und pros­ti­tu­iert wird.
Klar auch dass Mara, wie er es im Pro­log zu seinem neusten Werk richtig sagt, aus Sicht der wis­senschaftlichen Sta­tis­tik und der entsprechen­den Super­vi­sion ÄPFEL MIT BIRNEN ver­gle­icht, wenn er Schweiz­er Abtrei­bun­gen der Zen­tralafrikanis­chen Säuglingssterblichkeit gegenüber­stellt. Denkwürdig ist das bestürzende Resul­tat aber alle­mal, stellt es doch ein­mal mehr gewohnte Denkmuster und Selb­st­ge­fäl­ligkeit auf den Prüf­s­tand. Zusam­men mit der nicht weniger bedenkenswerten, ver­glichen mit der ersten Welt ungle­ich viel höhere Abtrei­bungsrate in Afri­ka unter­stre­ichen let­ztlich bei­de Befunde ger­adezu das Grund­prob­lem der vom Kunst­werk­er — äusser­lich scham­los harm­los, im Kern aber betrof­fen — bild­haft dargestell­ten Elend­szahlen: Es ist über­all und immer die materielle Armut die der­jeni­gen der geisti­gen ent­ge­gen­ste­ht in ein­er ewig dialek­tis­chen Verk­lam­merung. Armut dort im Gegenüber der Kaltherzigkeit hier, im soge­nan­nten Chris­ten­tum, das sich ein­er­seits nicht auf­macht, Ungerechtigkeit wahrhaft zu bekämpfen und sich teil­weise nicht ent­blödet den Frauen ihre Bäuche nach wie vor stre­it­ig zu machen.

Die Gum­mibärchen-Rampe kann wie jedes Werk Maras selb­stver­ständlich kri­tisiert wer­den aber wie auch immer ist diese gew­erk­te Kun­st nicht erheuchelt son­dern erfühlt.

August 2019, Wal­ter Studer

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