Nr107 Spiessbürger

Mod­ell-Puppe Hartholz, durch­bohrt von Tak­t­stock schwarz mit Holz­griff, 20x20x30cm (LxBxH); © mara 2020
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Wis­send, dass der wahre Spießer nicht zulet­zt auch jen­er ist, der das Wort «Spießer» für jene ver­wen­det, die ihm aus welchem Grund auch immer unlieb­sam sind.

Inspiration

Vom wehrhaften Spiessbürger
Ein Spiess­bürg­er zu sein war ursprünglich aller Ehren wert, beze­ich­nete der Begriff doch einen wehrhaften Kle­in­städter. Wenn es mal wieder gegen alte Rit­ter­sleut’ ging, die hoch zu Ross im Vorteil schienen aber eingezwängt waren in enge Rüs­tun­gen, wartete das mit Spießen bewaffnete Fußvolk auf den richti­gen Moment, holte die Blaublütler vom Pferd und drehte den Spieß um. Der Adel lag vor den Bürg­ern im Staub. Die ehren­haften «Spießbürg­er» waren auf der Welt. Das war im Mit­te­lal­ter. Erst später wurde der «Spießbürg­er» zum Spot­tbe­griff für Rück­ständigkeit und Eng­stirnigkeit, weil die Spiess­bürg­er weit­er­hin — nach­dem ander­norts längst effek­ti­vere Waf­fen einge­set­zt wur­den — an ihren Spießen fes­thiel­ten, unzeit­gemäss aber wehrhaft wie ihre Urgrossväter.

Zum mod­er­nen Spiessbürger
Ganz anders wir mod­er­nen Spießbürg­er, die wir uns selb­st­ge­fäl­lig und frei von Zweifeln dem Beste­hen­den über­ant­worten — wir wehren uns nicht. Wir wehren uns nicht gegen die mörderischen Fol­gen unseres verzin­sten Geld- und Wirtschaftssys­tems, welch­es explo­sive Pul­ver­fäss­er her­vor­bringt. Weltweit. Wir wehren uns nicht, wenn ganze acht (sic!) Men­schen so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Welt­bevölkerung (Oxfam). Wir wehren uns nicht gegen einen Zins-Satz, der zum sozialen Spreng-Satz wird und achtzig Prozent der Men­schen zu Ver­lier­ern unseres Geldsys­tems macht (B. Senf). Nein, wir wehren uns nicht. Wir lassen uns — willig weil gierig — durch irreführende Prof­itver­sprechen («lassen Sie ihr Geld für sich arbeit­en») zu genar­rten Trit­tbret­tfahrern des bru­tal­en und men­schen­feindlichen “Geschäftsmod­ells” Fiat-Mon­ey (Geld­schöp­fung aus dem Nichts) machen oder aber — mal schaden­freudig mal nei­disch — zu duld­samen pas­siv­en Zaungästen, der­weil der Zins- und Wach­s­tum­swahn die Umverteilung von Fleis­sig nach Reich explodieren lässt.

Wir wehren uns nicht. Ver­ste­hen es nicht. Trauen uns nicht.

Dafür sorgt nicht zulet­zt ein medi­aler Main­stream, der zum einen die ver­meintlichen Feinde sein­er Her­ren am Pranger der Öffentlichkeit diskred­i­tiert und zum anderen — sekundiert von Poli­tik, Stiftun­gen, Think-Tanks, Eliten­net­zw­erken und Lob­by­grup­pen — eine freie, öffentliche Debat­te durch Mei­n­ungs- und Empörungs­man­age­ment unter­gräbt und die Liste der öffentlichen Denk- und Sprechver­bote fast täglich ver­längert. Über­zo­gen von ein­er Flut von Infor­ma­tio­nen haben ja ger­ade wir “gebilde­ten” Spiess­bürg­er die Illu­sion von Informiertheit. Wir fühlen uns über alles Wesentliche unter­richtet um abends “aufgek­lärt” und mit poli­tisch reinem Gewis­sen ins Bett zu steigen — rinks, lechts oder eingemit­tet. Statt aufzuwachen leben wir in ein­er pro­gres­siv­en geisti­gen Fin­ster­n­is, in der wir nicht ein­mal mehr die — poli­tisch kor­rek­ten — Ket­ten um unseren Ver­stand wahrnehmen, und stürzen uns wie Lem­minge in den Abgrund der glob­alen Finanzeliten — mit­tler­weile mit Neg­a­tivzin­sen und ein­er weltweit­en Ver­schul­dung, die längst so hoch ist, dass sie nicht mehr durch Tilgung rück­gängig gemacht wer­den kann…

Wir mod­er­nen Spiess­bürg­er sind die gespiessten Bürg­er am Tak­t­stock des Zins­esZins — selb­st­ge­fäl­lig und frei von Zweifeln.

Unser Geldsys­tem hat fertig!
Das ist keine Frage des Ob, nur eine des Wann. Denn unser Geldsys­tem mit Zins und Zins­eszins explodiert in der realen Welt an sein­er Expo­nen­tial­ität – nicht Links, nicht Rechts, nicht Oben oder Unten son­dern — math­e­ma­tisch. Das ist erstick­end und das ist wahr. Und nun bricht in Wuhan, dem einzi­gen Ort in ganz Chi­na in dem sich ein biol­o­gis­ches Hochsicher­heit­sla­bor der Stufe 4 (die höch­ste) befind­et — die USA haben deren elf (sic!) — eine Virus-Epi­demie aus, die sich weltweit aus­bre­it­en wird. Eine Pan­demie also, die sich ger­adezu anbi­etet, als „Schwarz­er Schwan“ zum schwarzen Peter des bevorste­hen­den weltweit­en Finanz-Zuna­mi (E. Wolff) gemacht zu wer­den. Um vom eige­nen aus­beu­ter­ischen Ver­hal­ten und Unver­mö­gen abzu­lenken. Um weit­er­hin den Anschein aufrecht zu erhal­ten, dass man alles Griff hat und das eigene Geldsys­tem das einzige Richtige ist. Um nicht zulet­zt die über­leben­den mod­er­nen Spiess­bürg­er nach dem Crash unge­niert auf eine weit­ere Runde Wach­s­tum­swahn mit Zins und Zins­eszins schick­en zu können…

Nun ja, eigentlich muss man für die geschmäht­en Spiess­bürg­er des Mit­te­lal­ters eine Lanze (einen Spiess) brechen. Sie waren vielle­icht unzeit­gemäss — haben sich aber immer­hin noch gewehrt.

Werk

Glei­cher­mas­sen wie die Schlecht­wet­ter­front, die sich aus Sicht der Meteo­ro­logie auf­grund der Summe aller zeit­li­chen, glo­balen und loka­len (Rah­­men-) Bedin­gun­gen ergibt, las­sen sich gesell­schaft­li­che “Sit­ten und Gebräu­che” (hier unser let­ztlich selb­stzer­störerisches zins­basiertes Geld- u. Wirtschaftssys­tem) letzt­lich als Ele­mente ein­er Rah­men­hand­lung ver­ste­hen, die sich auf­grund der Summe glo­baler, loka­ler und per­sön­li­cher (Rah­­men-) Bedin­gungen der Sozie­tät ergibt. Rein sprach­lich (nicht aber in der Sache) bliebe dem­nach sowohl ein muti­ges DEN RAH­MEN SPREN­GEN als auch ein AUS DEM RAH­MEN FAL­LEN zu hin­ter­fragen. Kunst­sprech: INTERESTART

Ent­we­der nie­mand ist schuld, oder wir sind es alle — Demut tut Not.

→ Zum Werk­kom­men­tar von W. Studer

Klassifikation

<Nr107 Spiess­bürg­er> ist ein Werk aus dem Wer­kraum Rahmenhandlung

Bekanntgabe

Feb­ru­ar 2020 → Vom Spiess­bürg­er zum gespiessten Bürg­er — Pro­log zum Werk Nr107

Zum gleichen Thema

<Nr100 Die Zinss­chraube> und <Nr104 Infla­tion>

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Ein Männlein…

Kom­men­tar zum Werk <Nr107 SPIESSBÜRGER>, von Wal­ter Studer

(stu) Ja, das neue Werk ist wie so oft beim Kunst­werk­er der­massen hin­ter­gründig und gle­icher­massen pro­vokant nett, dass die Absicht zwar unmit­tel­bar ergründ­bar ist, aber den­noch oder ger­ade deswe­gen ein gewiss­es Unbe­ha­gen in Kopf und Herz hin­ter­lässt. Und dies­mal hat Mara seinen wie üblich beigegebe­nen Pro­log auch noch in einem beson­ders umfan­gre­ichen und infor­ma­tiv­en Umfang aus­ge­führt, so dass mir eigentlich nichts bleibt, was unbe­d­ingt noch gesagt wer­den müsste. Deshalb bin ich bei der Betra­ch­tung des Werkes mein­er ersten Assozi­a­tion gefol­gt und habe dieser dann eine passende Mod­i­fika­tion verpasst.
Schon beim ersten Blick auf Nr.107 summte mir eine Melodie durch den Kopf. Es war ein Kinder­lied aus dem 19. Jahrhun­dert von August Hein­rich Hoff­mann von Fall­er­sleben, das tat­säch­lich als Rät­sel­reim gedacht ist, denn das bewusste Lied mit dem Männlein beschreibt eine Hage­butte – ein Umstand der schon damals kaum bekan­nt war obgle­ich das Lied sehr beliebt war und sog­ar heute noch gesun­gen wird. Möglich also, dass sie meine textliche Abwand­lung auch mitsin­gen kön­nten, wenn Sie dies denn möchten.

Ein Männlein…

Ein Männlein auf dem Sock­el ganz still und dumm.
Es merkt den Spiess zu spät der von hin­ten rum.
Sagt, wer mag die Puppe sein,
Deren Glieder sind so fein?
Kaum merkt man dass sie tot ist, weil gar so klein.

Das Männlein glaubte immer geschützt zu sein.
Wir sehen es nun alle, das war nur Schein.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da hängt im Spiesse fein?
Aus edlem Holze glänzend so schuld­los rein

Das Männlein auf dem Sock­el hier aufgespiesst.
Es scheint man kön­nte meinen, es sei ein übles Biest
Dies Männlein ist nur Gliederpuppe
Mod­ell vom Men­sch und sein­er Gruppe
Denk ja nicht nach und esse die einge­brock­te Suppe!

April 2020, Wal­ter Studer

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