Glück auf!

Aus der Serie «Sprachperlen»

kw_20140703_Gegensatz 3_e

Nr36 Gegen­satz 3

(stu) Wieder ein Werk wie aus der Bou­tique für das geho­bene Wohn-Acces­soire in ein­er so wohl mas­sierten Ästhetik, dass nie­mand auf Anhieb auf die Idee käme, sich mit der net­ten Typo­gra­phie auch inhalt­lich ein­zu­lassen: In diesem Dop­pel­rah­men-Ensem­ble ist optisch das GLÜCK dem GLEICH har­mo­nisch gleich­ge­wichtig und gleich­be­rech­tigt zuge­sellt und man ist schnell ver­sucht, die Ver­heis­sung GLÜCK GLEICH zu lesen oder noch bess­er umge­kehrt das rein hedo­nis­tisch befeh­lende GLEICH GLÜCK.

Aber nein! Mara weist die zu seinem Werk Nr36 ver­einten Begriffe GLEICHHEIT und GLÜCK als zwei sich gegen­seitig aus­schlies­sende Unver­ein­bar­keiten aus. Als unbe­dingt als par­a­dig­ma­tisch-pro­gram­ma­tisch para­do­xales UNEINIGES EINS zu ver­stehen. Also ein wei­teres Mal ein OXIMORON, das erst in der Umkehr­form von GLÜCK GLEICH UNGLEICHHEIT sinn­fällig deut­lich aber halt weniger hin­ter­hältig geist­reich wahr­zu­nehmen ist. Was genau meint unser VERTRAUTER UNVERTRAUTE (Oxi­mora sind cool!) Kunst­werker Mara nun mit dieser KRYPTISCHEN KLARHEIT (ich kann’s nicht lassen)?

Ist sein Werk Nr36 eine Apo­lo­gese auf jenes sta­tis­tisch legen­däre Ein­pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung, das gut und gerne 75 Pro­zent des Welt­ver­mö­gens besitzt? Wie­der­setzt sich Mara der jüng­sten Ein­sicht von Welt­bank und Wäh­rungs­fond? Diese Grals­hüter des Finanz­li­be­ra­lismus und Wachs­tums kamen 2014 zur Ein­sicht, dass die welt­weite Ungleich­heit auf ein sozial ver­träg­li­chem Aus­mass aus­ge­gli­chen wer­den müsse, damit das ihrer Ansicht nach unbe­dingt nötige ste­tige Wach­s­tum auf Dauer garan­tiert sei. Armut und Elend sind gewiss keine Glücks­bringer und Mara gewiss kein Sozi­o­path — zumin­dest nicht mehr als Sie und ich es mensch­li­cher­weise auch sind.

Oder zielt er womög­lich mit sein­er apo­dik­ti­schen These in die Felder des Psy­cho­lo­gi­schen, Psy­cho­so­zialen und Sozio­lo­gi­schen? Nun, dort gilt, durch eine Unmenge von wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chungen seit den 70-er Jahren des let­zten Jahr­hun­derts bis heute erhärtet, das, was der Volks­mund sprich­wört­li­cher­weise und trotz den die Regel jew­eils bestä­ti­genden Aus­nahmen längst weiss: GLEICH UND GLEICH GESELLT SICH GERN — und was der Volks­mund weiss, hat der Psych­iater Mara mit an Sicher­heit gren­zender Wahr­schein­lich­keit längs­tens auch kapiert.

Worum also geht’s ihm dann? Welche Ebene mensch­li­chen Seins und Bewusst­seins, wel­chen Sta­tus im mensch­li­chen Spek­trum der Wahr­neh­mung nimmt Maras Aus­sage denn son­st ein? Mara führt mit seinen per se wider­sprüch­li­chen Aus­sagen seinen urei­genen PHILOSOPHISCHEN PLOT ein, und diesen kunst­wer­kend aus. Er kon­stru­iert und pos­tu­liert seinen KONTRAPUNKTISCHEN KATEGORISCHEN IMPERATIV, den er als mensch­lich unfair aber nichts­des­to­trotz mit Nach­druck als WAHR bekräf­tigt, wom­it sich Mara ganz in der Tra­di­tion des Phi­lo­so­phie­rens befind­et, wo UNBEWEISBARE BEWEISE (ups, ich oxi­mo­ronne ja schon wieder) die pure Dog­matik dar­stellen. Und genau hierin tre­f­fen und ver­binden sich die Wesens­züge jeg­li­cher Kun­st und jeg­li­chen Phi­lo­so­phie­rens zu ein­er wun­der­baren und in eine abso­lute Über­ord­nung hinein WAHR wer­denden unspalt­baren Ein­heit: Es sind stets Aus­sagen, die nie wirk­lich zu behaften sind und die sich immer erst beim Weg­schauen für einen Moment ohne Dauer als Wet­ter­leuchten des uni­ver­sellen Geistes diesem selb­st, gewis­ser­massen im Spiegel des Men­schen, als WAHR zu erken­nen geben.

GLÜCK AUF!! Schauen wir hin und dann schnell mal weg — ver­su­chen wir Spiegel des Geistes zu sein, indem wir unser Spie­gel­bild betra­cht­en — übri­gens: bei dieser Wahr­neh­mung des Abglanzes von Schön­heit ist Eitel­keit eine Zier!

Nov 2014, W. Stud­er

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