Der Vater des Gedankens ist sein Sohn

Aus der Serie «Sprachperlen»

Nr48 Schweine vor die Perlen geworfen

Nr48 Schweine vor die Perlen geworfen

(stu) Wo immer Schweine sich mani­fes­tie­ren, sind die sprich­wört­li­chen Per­len, jene Per­len, die, wie es scheint welt­weit und zu Hauf in ste­ti­gem Akko­rd vor die Schweine gewor­fen wer­den, nicht weit!

Es scheint im wei­te­ren diese ver­fehlte Füt­te­rung der armen Schweine mit dem ihnen abso­lut nicht ver­wert­ba­ren und geniess­ba­ren Per­len-Fut­ter zwar kein Fall für Tier­schüt­zer zu sein, sind beim Sprich­wort doch sinn­ge­mäss eher die Per­len im Zen­trum des Inter­es­ses. Ange­zielt ist die Empö­rung dar­über, dass wert­vol­len Per­len, in schnö­der Miss­ach­tung ihres Wer­tes, den Schwei­nen, die­sen edlen Wer­ten gegen­über als emp­fin­dungs­los stumpf behaup­te­ten Wesen, als ger­ade noch gut genug für die­sel­ben, vor­ge­wor­fen werden.

Dem sprich­wört­lich imma­nen­ten Skan­dal, dass näm­lich Per­len über­aus wert­voll und Schweine im Gegen­satz plump-dumpf mar­gi­nale Wesen seien, die­ser nie­mals Aus­druck fin­dende stumm und tra­gisch statt­fin­dende Unge­rech­tig­keit, ver­leiht SCHWEINE VOR DIE PER­LEN GEWOR­FEN eine Stimme. Dies aller­dings auch wie­der irgend­wie und irr­wit­zi­ger­weise despek­tier­lich. Denn letzt­lich wer­den die armen Schweine unge­ach­tet ihrer kuli­na­ri­schen Haupt­rolle und ihrem nicht zu über­bie­ten­den Nähr­wert den dies­be­züg­lich wert­lo­sen fad­far­be­nen Per­len, die sich scheints schon im schlech­tes­ten Cham­pa­gner auf­zu­lö­sen pfle­gen, grob vor die unnütze und sim­pelst geformte Ding­lich­keit ihrer Kuge­lig­keit geschmis­sen. Auch dies ein Skan­dal, eine Loos-Loos-Situ­a­­tion, der min­des­tens unter­schwel­lige Häme anzu­krei­den ist.

Der Kun­st- und Psy­che-Werk­er leis­tet sich und uns die Wei­ter­füh­rung der COCHON­NE­RIE. Gewiss! Er hat Gefal­len gefun­den an die­sem flei­schi­gen The­ma und wir dür­fen und sol­len uns zunächst auch fra­gen, wie weit sich der Autor damit – bewusst oder unbe­wusst – selb­st mar­kiert, er damit seine Psy­che zum Glas­haus aus­baut. Künst­le­risch wesent­lich ist jedoch die Frage, ob er mit die­ser the­ma­ti­schen Wie­der­ho­lungs­tat eine künst­le­ri­sche PHASE COCHON oder PHASE ROSE einführt?
Und wenn dem so wäre, müs­sen wir even­tu­ell davon aus­ge­hen, dass der Kunst­wer­ker und Psych­ia­ter inso­fern auch noch wis­sen­schaft­li­cher Ambi­tion erle­gen ist, als er Gevat­ter Freuds und Mon­sieur Pia­ges ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gi­sche Kon­zepte um eine hier­mit pos­tu­lierte SCHWEI­NI­SCHE PHASE zu erwei­tern sucht? Wir wis­sen es nicht und wir brau­chen es auch nicht zu wis­sen, denn wir unbe­darf­ten psych­ia­tri­schen Laien wis­sen näm­lich ohne­hin längst, dass über weite Stre­cken das Leben ins­ge­samt die­sen Cha­rak­ter auf­wei­sen kann.

Das wohl wich­tigste und den Kunst­wer­ker wirk­lich bezeich­nende Moment ist die unmit­tel­bar nicht unbe­dingt augen­fäl­lige Auf­for­de­rung, Werte zu hin­ter­fra­gen – und tun wir dies, sind wir unver­se­hens Bau­meis­ter ein­er neuen Gesell­schaft, ein­er neu­er­li­chen aber bes­se­ren WER­TE­GE­SELL­SCHAFT. Wie JOHAN­NES CHRYSO­S­TO­MOS schon im 4. Jahr­hun­dert erkannte:

« DER VATER DES GEDAN­KENS IST AUCH DES­SEN SOHN »

Genau in die­sem vexier­bild­li­chen Sinne las­sen die Pro­dukte des Kunst­wer­kers sich mes­sen und genies­sen: sie las­sen jeden Denk- und Fühl-Arg­­wohn zu – vor allem aber auch die Lust an der Freude.

W. Stu­der

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