Holzschale Buche lackiert, Kunsthaar, 30x30x20 cm (LxBxH), © mara 2014
Inspiration
Herausragende Köpfe sind herausragende Repräsentanten einer Rahmenhandlung ihrer Zeit. Manche haben ihre Hochzeit erst nach ihrer Zeit, manche eine Tiefzeit nach ihrer Hochzeit. Allemal aber bleiben sie — im Rahmen.
Werk
<Nr39 Ein herausragender Kopf> ist ein weiteres Schaustück unvoreingenommener (Um-) Interpretation des Hochdeutschen ohne sprachhistorisches Korsett, eine heitere Travestie über herausragende Köpfe. Kunstsprech “outstanding art”.
Klassifikation
Ein Werk aus dem Werkraum Deutung
Bekanntgabe
Sep 2014 → Artikel Herausragend
Mottfeuer
Kommentar zum Werk Nr39
In dieser Zeit nun, die keineswegs und niemals und durch nichts zu definieren ist, kommst du, Kunstwerker mara, als künstlerisch schlafwandelnd Treffender mit deinem neusten Kunstwerk – gleichsam dem Kinde reinen Herzens und dem blinden Seher, die ja, wie wir alle, auch dem dümmsten Bauern und seiner grössten Kartoffel nahestehen.
Dieses Opus zeigt der unmittelbaren Wahrnehmung einen menschlichen Kopf, der, offensichtlich feinsäuberlich abgetrennt, in einem jener hübschen weissen Pfeilersockel, die dem Publikum als Basen etlicher deiner Werke bereits bekannt sind, derart eingegossen wurde, dass nurmehr das Schädeldach bzw. der sorgfältig gekämmte Haarschopf desselben sichtbar ist. Zur Überwindung aufsteigender Beklemmung, ausgelöst durch den beängstig perfekt und steril frisierten Skalp, hofft man, wenn auch vergebens, auf wenigstens eine vom Guss ausgelassene hübsch geschlaufte Strähne, die allerdings auch nur obszön an sowohl Adolf H. und Sophia L. denken liesse.
Ein um diese augenfällige Partie aus dem Sockel herausragender Kopf also; ein im eigentlichen Wortsinn echter PROMINENTER (lat: prominere=heraus-hervorragen)!
Was immer du dir dabei gedacht hast bzw. in dir hast hochsteigen lassen, dein gigantischer Druckknopf, neudeutsch Buzzer, lädt unwillkürlich ein draufzuschlagen – ein Sadismus kultivierender Hau-den-Lukas zur Triebabfuhr nicht eingestandener Brutalität unsereiner: Spritzt beim Draufschlagen vielleicht sogar das Blut aus diesem klinisch sterilen Heintje-Scheitel oder verkünden wir mit unserem Schlag endlich den Dritten Weltkrieg, der zwar schon lange begonnen, aber gleich der vermeintlich keuschen Jungfrau, so tut, als wär er nicht längst schon im Verkehr?
Ein stetiger Konfirmanden-Mord, der da still, selbstverständlich und mit Präzision jene unangenehmsten, diffus Schönstes mit Hässlichstem verjinjangenden Assoziationen, gleich einer überparfümierten Teufelsperle schmerzhaft aus unserer seelischen Muschelschale herauskratzt.
In der Tat kann sich niemand vor der Wirkung dieses Dinges, eben dieses Prominenten, schützen und das soll ja auch so sein – klar ist diese Kunst, die mit sehr wenig sehr viel sagt, die als biedermännisches Klein-Werk, das Mottfeuer in uns so richtig nährt, eine durch Profession formierte Kunst, die des Auch- Psychiaters, der diesmal dem Nagel dieser nicht zu definierenden Zeit förmlich auf den Kopf getroffen hat.
W. Studer