Nr42 Senkrechte Schweine

Holz­sock­el schwarz lack­iert, Schweine Schle­ich, 10x10x13cm (LxBxH), © mara 2014
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Inspiration

«Men­schen sind senkrechte Schweine». So for­mulierte es der amerikanis­che Schrift­steller Edgar Allan Poe angesichts der beein­druck­enden genetis­chen Übere­in­stim­mung (90%) zwis­chen Men­sch und Borstenvieh.

Werk

<Nr42 Senkrechte Schweine> ist ein weit­eres Schaustück lin­guis­tisch eigen­williger Inter­pre­ta­tion des Hochdeutschen, eine Trav­es­tie über hor­i­zon­tale Men­schen und senkrechte Schweine. Kun­st­sprech: BOAR-ART

Klassifikation

<Nr42 Senkrechte Schweine> ist ein Werk aus dem Wer­kraum Deutung

Bekanntgabe

Okt 2014 → Artikel Schweine sind ziem­liche Menschen

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Cochonnerie

Kommentar zum Werk Nr42

Nr42 Senkrechte Schweine

Nr42 Senkrechte Schweine

(stu) Der Psy­chi­ater führt einen Rorschacht­est durch. Der Proband assozi­iert bei jedem der unter­schiedlichen Klecks­bilder das Gle­iche, näm­lich eine wilde Sex­orgie. Der Psy­chi­ater, einiger­maßen ver­dutzt, fragt den Proban­den, was denn mit ihm los sei. Der Proband, nun eben­falls ver­dutzt und leicht empört zum Psy­chi­ater: “Aber sie haben mir doch alle diese Schweinereien gezeigt”!

Die Kun­st liegt im Auge der Betra­chter, stellt man mit Recht fest. Die Schweinerei offen­sichtlich auch – und in vorgegebe­nen Fall des neusten Werkes des Kunst­werk­ers, den SENKRECHTEN SCHWEINEN, gilt dies in dop­pel­ter Weise, ist doch dieses Werk ein solch­es der Kun­st und zugle­ich eine Schweinerei oder, im Ton etwas ele­gan­ter und weniger krude, eine COCHONNERIE, die zudem insofern das Poten­tial zur hin­ter­sin­ni­gen Pikan­terie in sich trägt, als der Urhe­ber ja auch Psy­chi­ater ist. Ein Werk also, das – genau­so wie der ein­gangs zitierte Witz – grund­sät­zlich und sozusagen zum Voraus Wahrheit in sich trägt, die uns hier unbe­d­ingt als Pro­fi­laxe gegen die all­ge­meine Faul­heit des Denkens und dito Humor­losigkeit ärztlich ver­schrieben wird.

Wir haben es immer­hin mit einem Oxy­moron zu tun. Ein­er Para­dox­ie näm­lich, gebildet aus einem Paar zweier sich gegen­seit­ig auss­chließen­den und negieren­den Begriffe, die den­noch, bzw. ger­ade deswe­gen, präzis­es­ten Sinnzusam­men­hang ergeben – wir haben es mit dem HEITERER ERNST zu tun! Und dies ist, lassen Sie sich dies gesagt sein, ist nicht gle­ich zu set­zen mit einem Ernst, dem es an Ernst fehlt! HEITERER ERNST ist ein Gut jed­wed­er Weisheit­slehre und deshalb hat auch des Kunst­werk­ers COCHONNERIE eine echte Eso­terik, das heißt, diesem Werk wohnt eine Weisheit inne, die nur einem kleinen eingewei­hter Kreis von Ken­nern zugänglich ist. Also Hopp! Lasst uns Exo­terik­er Detek­tiv spielen!

Was also ist da eigentlich mit diesen zwar senkrecht­en aber anders als bei Edgar Allan Poe gemeint kopf­ständi­gen bei­den Sauen mit den jeglich­er Schw­erkraft trotzen­den, waa­grecht abste­hen­den vollen Zitzen – und damit im Sinne der Antike “orthoti­tos”, mit ste­hen­den statt hän­gen­den Brüsten, die somit als noch jungfräulich-unver­heiratet dargestellt erscheinen? Und warum im weit­eren diese auf Men­schen zu beziehende Erk­lärung? Weil Schweine uns seit jeher an uns selb­st erin­nern, und zwar meis­tens – die armen Schweine mögen uns verzei­hen – an jene Seit­en von uns, die wir ächt­en – zumin­d­est vordergründig!

Nie­mand möchte ein Schwein sein und dies nicht alleine, weil wir diese men­schenähn­lichen Wesen zum Fressen gerne haben, son­dern weil wir an unsere ver­bor­gen­sten Lüste gemah­nt wer­den, wenn wir diese per­vers ero­tisch, so gut wie haar­losen und rosa nack­ten fleis­chlichen Man­i­fes­ta­tio­nen der halbbe­wussten Natur betra­cht­en. Kein Wun­der wurde das Schwein nicht nur in der christlichen Kul­tur als eine der Darstel­lun­gen des stets wol­lüsti­gen, unzüchtig ehe­brecherischen ( porneion = Ehe­bruch) und der Völlerei und vielem vielem lustvoll Sündi­gen mehr verpflichteten Teufels ange­se­hen. Und schließlich – wie so über­aus oft – verbindet sich darüber­hin­aus das nur dif­fus wahrgenommene Pornographis­che mit dem Gewalt­täti­gen, dem Sadis­tis­chen, dem Töten und Mor­den. Und in der Tat scheinen die bei­den unglück­lichen Sauen des Kunst­werk­ers, gle­ich­sam den sagen­haften Him­melsstürmer Taida­los und Ikaros, senkrecht auf die Schnau­ze gefall­en und sie präsen­tieren sich so fürchter­licher­weise in exakt der Stel­lung, in der man diese Lebe­we­sen zu schlacht­en pflegt.

Oh diese armen Schweine! Schweine haben eben kein Schwein – denn dieses haben halt nur Men­schen – und nicht nur dann, wenn sie eines haben.
Bei soviel Elend, das unserem Alterego in der Öffentlichkeit beschieden ist, bleibt nur noch übrig, uns Kar­ni­voren einen gute Appetit zu wün­schen, um das Ganze erfol­gre­ich zu verdrängen.

Über­haupt dür­fen wir in aller Frei­heit und in let­ztlich poli­tis­ch­er Poli­tik­ferne jede noch so unanständi­ge, unko­r­rek­te, aber­witzig gesponnene und hof­fentlich geheim sehn­süchtige oder poet­isch höchst moralis­che Schweinerei assozi­ieren zu der wir ins­ge­heim fähig sind. Denn darum geht es: Kun­st ist halt nur so span­nend, wie wir selb­st bere­it sind uns ver­führen zu lassen.

Dem kunst­werk­enden Arzt sei hier­mit gedankt auch für diese neueste und wiederum ganz und gar nicht bit­tere Pille. Wir, die Kon­sumenten dieser Medi­zin, befind­en uns überdies für ein­mal in der kom­fort­ablen Posi­tion, dass nicht wir, son­dern allein der behan­del­nde Arzt wegen allfäl­liger Kun­st­fehler lei­den muss.

W. Stud­er
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