Untergang, Dichter und Hochstapelei

Nr18 Rah­men­hand­lung 5

Unter­gang von Kul­tur­land im Sekun­den­takt — im sech­sten Artikel aus der Artikel-Serie Rah­men­hand­lung geht es um Boden­ver­lust und “Hochstapelei”.

Das Bild zeigt Paris, Blick­rich­tung Mont­martre. Um die beein­druck­ende Besiedelungs­dichte ein­er Grosstadt zu zeigen, wollte ich eigentlich eine Auf­nahme aus der Schweiz nehmen, hat­te aber auf die Schnelle keine zur Hand ;-). Danke also, Rain­er Sturm, für die prächtige Panora­ma-Auf­nahme, sie eignet sich her­vor­ra­gend zur Illus­tra­tion meines neusten Artikels aus der Serie Rah­men­hand­lun­gen. Wie im Über­sicht­sar­tikel angekündigt, soll hier das kün­st­lerische Konzept der Rah­men­hand­lung anhand von 7 konkreten Beispie­len ver­tieft wer­den. Dies­mal anhand ein­er Kurzmel­dung des Lan­deskun­de­por­tals der Schweiz aus dem Jahre 2007, die ich wiederum aus dem bere­its vorgestell­ten Werk Nr18 Rah­men­hand­lung 5 ent­nom­men habe:

S c h w e i z -  1m² Kulturlandverlust pro Sekunde

Die dichte Besiedlung und die Konzentration
der Wirtschaft auf das Mittelland führt dazu,
dass immer mehr Kulturland verloren geht.
Seit den 1980er Jahren verschwand
jede Sekunde 1m2 Boden unter Beton,
Stein und Kunststoff. Drei Viertel der Bäche
sind verbaut. 90 Prozent der Sumpfgebiete
sind trocken gelegt...

19.10.2007, www.swissworld.org/de/

Das künstlerische Konzept der Rahmenhandlung

Das kün­st­lerische Konzept der Rah­men­hand­lung deutet eine Hand­lung als von ihrem jew­eili­gen Rah­men abhängige (Ab-) Hand­lung. Diese geschieht dem­nach nicht ein­fach frei und unab­hängig, son­dern wird durch ihre gesellschaftliche, biografis­che und organ­is­che Vorgeschichte (ihren Rah­men) geprägt. Es han­delt sich immer um eine Hand­lung im Rah­men — um eine Rahmenhandlung.

Auch die sub­jek­tive (Be-) Deu­tung ein­er Hand­lung wird durch ihren Rah­men geprägt. So erscheint dem sub­jek­tiv­en Betra­chter eine Hand­lung erst dann bemerkenswert, wenn sich diese in einem bemerkenswerten Rah­men “abspielt”.

Lassen Sie uns dies anhand des obge­nan­nten Beispiels veranschaulichen:

Wohlstand macht sich breit

Der Rah­men: Bevölkerungszu­nahme, abnehmende Haushalts­grösse, gewach­sene Wohn­rau­mansprüche, erhöhte Mobil­ität und Wohl­standssteigerung sind gemäss Bun­de­samt für Sta­tis­tik die Haupt­gründe für den galop­pieren­den Unter­gang von Kul­tur­land im Sekun­den­takt. Da Boden bzw. Boden­fläche begren­zte Ressourcen sind, ste­ht die Nutzung für Sied­lungszwecke in Konkur­renz zu anderen Nutzungsarten, z.B. zu Wald, Land­wirtschafts­flächen aber auch zu “unpro­duk­tiv­en” Flächen wie Flüsse oder Gletsch­er. Sied­lungs­flächen tra­gen zur Land­schaft­sz­er­schnei­dung und damit zur Frag­men­tierung von Leben­sräu­men bei. Die Ver­siegelung von Flächen – durch Erstel­lung von Gebäu­den oder Befes­ti­gung des Bodens – hat zur Folge, dass Böden ihre ökol­o­gis­chen Funk­tio­nen (Speicher‑, Fil­ter­funk­tion usw.) weit­ge­hend verlieren.

Dichter, aber gänzlich unpoetisch

Der Rah­men (s.o) bes­timmt die (Ab-) Hand­lung: In der Hoff­nung, die besorgnis­er­re­gende Ausweitung von Sied­lungs­flächen zügeln zu kön­nen, set­zt man auf raum­planer­ische oder verkehrspoli­tis­che Mass­nah­men: “Verdich­tung” heisst das Zauber­wort der Stunde und meint im Grunde nichts anderes als “mehr Leute auf gle­ichem Grund”. Für die sehr unan­genehmen Fol­gen (Verteil- und Ver­drän­gungskämpfe) des Zusam­men­seins mit vie­len frem­den Men­schen auf engem Raum hat sich allerd­ings bere­its ein neues Mod­e­wort einge­bürg­ert: Dichtestress.

Hochstapelei

Wenn der Boden knap­per wird, muss man die Men­schen (mal abge­se­hen vom Tief­bau) zwangsläu­fig “hochstapeln”. Sied­lungs­plan­er und Stad­ten­twick­ler jeden­falls set­zen auf Hochhäuser. Beispiel Luzern: Gle­ich 17 Hochhäuser sollen dere­inst zwis­chen Horw und der Brauerei Eich­hof in den Him­mel ragen. Die Türme bieten viel Wohn- und Arbeit­sraum auf wenig Fläche, wären also zumin­d­est nach­haltig “dichter”. Das Prob­lem: Lei­der assozieren zahlre­iche Men­schen das Hochhaus mit Enge und Anonymität und möcht­en lieber nicht darin wohnen. Also müssen inter­diszi­plinäre Stu­di­en in Auf­trag gegeben wer­den, um die Akzep­tanz von Hochhäusern zu steigern… Wir erin­nern uns: Der Rah­men bes­timmt die (Ab-) Handlung.

Ein- und Aussichten

Eine Hand­lung oder ein Geschehen als Rah­men­hand­lung zu betra­cht­en, kann Ein- und Aus­sicht­en verän­dern: Bevölkerungswach­s­tum, Haushalts­grösse, Wohn­rau­mansprüche, Mobil­ität und Wohl­stand blieben dem­nach zu hinterfragen…

Das Konzept der Rah­men­hand­lung hat mein Kunst­werken stark bee­in­flusst, weshalb ich ihm einen eige­nen Wer­kraum Rah­men­hand­lung geschaf­fen habe. Dort find­en Sie einen generellen Überblick über das Konzept.

Alle Artikel der Serie

  1. Serie Rah­men­hand­lun­gen
  2. Gefan­gen in der Badewanne
  3. Pfleger ohne Herz
  4. Unerträgliche Frei­heit
  5. Alles psy­chisch!
  6. Unter­gang, Dichter und Hochstapelei (Dieser Artikel)
  7. Armer Hund
  8. Finale

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.